25.04.2006
25.04.2006 Sächsische Zeitung
Manfred Schulze
Es ist sicher ein Traum für viele Gastwirte, Chef in "Auerbachs Keller" zu sein. Das Haus in der Leipziger Mädler-Passage kennen Leute in Japan oder Amerika, in Australien oder Russland, sofern sie mit Goethe etwas am Hut haben. Denn hier soll, so die Legende, der Meister des Öfteren selbst gern mal einen Becher gehoben, aber auch den Fassritt seines Dr. Faustus angedichtet haben. Seither gilt das unterirdische Gewölbe, zu dem insgesamt 92 Räume gehören, zu den berühmtesten Kneipen der Welt.
Seit Ostern heißen die neuen Pächter Christine und Bernhard Rothenberger, die beide von Münster nach Sachsen übersiedelten. Sie wollen das Haus im Wesentlichen so weiterführen, wie es Vorgänger Ulrich Reinhardt tat: durch frische, aber bodenständige Küche für die Masse im Großen Keller und zugleich eine Edelstrecke im kleinen Restaurant. Dazu möglichst viele Firmen mit geschlossenen Veranstaltungen anlocken, besonders im Fasskeller. Dort zelebrieren seit Jahren schon die Kellermeister den Fassritt, zur vorgerückten Stunde auch mit angeheiterten Gästen.
Beim Personal haben die Rothenbergers den Kern der bisherigen Mannschaft zu 80 Prozent übernommen und zunächst einmal mit der Weisung ins Rennen geschickt, für den Gast alles so zu halten wie bisher.
"Die Übergabe war ein Marathon, trotz einer perfekten Vorbereitung", sagt Rothenberger, der seinen Vorgänger häufig lobt. Immerhin hatte Reinhardt den Keller in den letzten zehn Jahren wieder zu einem angesehenen und wirtschaftlich gesunden Unternehmen geführt - gehen musste er auf Wunsch der Eigentümer der Mädler-Passage dennoch.
Rothenberger sieht sich als weltgewandter Manager, der als erstes seine Drähte zu Reiseveranstaltern in aller Welt, besonders aber nach Frankreich und Norwegen glühen lassen will. Auch in Sachen Internet soll es alles auf mehr Marketing hinauslaufen, einschließlich eines Shops. So soll es Teile einer gerade erst im Keller aufgetauchten Geschirr-Kollektion aus Ulbrichts Zeiten geben. "Der war hier bei der 800-Jahr- Feier von Leipzig und hat zwei unrühmliche Entscheidungen getroffen", weiß Chef Rothenberger und hat das dem gesamten Personal in einem Seminar beibringen lassen: Die Deckenfresken mussten übermalt werden, und die heute noch vorhandenen gusseisernen Lampen wurden angeschafft.
Als neuer Küchenchef für Hummer und Co. wurde Marcel Strangfeld vom Steigenberger aus Wörishofen unter den Bewerbern ausgewählt. Ob es auch für Auerbachs Keller bald mal zu einem Stern bei den Feinschmeckern des Michelin reicht, ist freilich nicht vorherzusagen.