04.02.2006

4./5.02.2006, Leipziger Volkszeitung

In zehn Wochen beginnt in Auerbachs Keller eine neue Gastronomen-Zeit, dann wechselt der Pächter (die LVZ berichtete). Die künftigen Wirtsleute, Christine und Bernhard Rothenberger aus Münster, wollen das Traditionsrestaurant in bewährter Weise weiterführen und den Übergang natlos gestalten. "Ein Stillstand darf  in Auerbachs Keller nicht zugelassen werden", betont nach wie vor Rothenberger. Letzteres befürchten aber Gäste, die seit Wochen keine Reservierungen für die Zeit nach Ostern loswerden. Das bisherige Verkaufsbüro nimmt Bestellungen dafür nicht an, ein neues arbeitet zwar seit dieser Woche, ist jedoch noch nicht erreichbar. Etwa 15.000 Anfragen liegen somit auf Eis.

Erste Veranstalter sind mit ihrer Geduld bereits am Ende und stornieren. Der scheidende Wirt Ulrich Reinhard und sein Verkaufsteam zucken mit den Schultern. Und Bernhard Rothenberger hofft, dass sein Vorverkaufsbüro in der kommenden Woche endlich erreichbar sein wird, denn: "Ab 18. April soll das Geschäft wieder normal laufen",  wie der neue Pächter versichert.

Die Situation ist grotesk: Ganz Leipzig hofft im Juni ein großes Stück vom großen Kuchen des Weltfussballfestes abzubekommen, doch für Auerbachs Keller laufen Anfragen noch immer in Leere. "Seit Ende September versuche ich, für Gruppen aus aller Welt in dem bekannten Restaurant Plätze während der WM zu reservieren, doch vergebens", sagt Frauke Schmidt vom FIFA World Cup Travel & Event Services in Berlin. Frau Lemke im Verkauf sei zwar sehr nett, doch wegen des bevorstehenden Betreiberwechsels wären ihr die Hände gebunden. "Ich war auch persönlich in Leipzig, wollte unsere Zusammenarbeit während der WM absprechen. Umsonst. Im Moment habe ich den Keller deshalb für meine Planungen ausgeklammert, suche nach Alternativen und muss sagen, andere Gaststätten sind auch in Ordnung".

Vergebens wartete bisher auch Stephanie Lambiotte vom Veranstalter Knipper-Kimmel-Reisen in Bonn auf eine Zusage ihrer Bestellung für Anfang Juni. "Bisher wurde ich vertröstet, weil der Betreiber wechselt", sagt sie. "Ende Januar sollte aber das neue Verkaufsbüro öffnen, also werde ich nächste Woche gleich nocheinmal dort nachfragen."

"Für mehr als 11.000 Leute wurden bei uns bereits Reservierungen für die Zeit nach Ostern nachgefragt, selbst den Deutschen  Fussballbund musste ich vertrösten", bedauert die jetzige Marketing- und Verkaufschefin Kirsten Lemke. Sie sitzt in Reinhardts Verkaufsbüro.  "Unser Spielraum ist begrenzt, wir verkaufen nicht über den 15. April hinaus." Kellerwirt Ulrich Reinhardt hält sich in der Sache bedeckt. In den vergangenen zehn Jahren habe er stets darum gekämpft , täglich um die 1000 Gäste in den Keller zu holen. Und das sei nicht im Selbstlauf möglich gewesen, weltweites Marketing unerlässlich. Er habe seinem Nachfolger deshalb längst alles Nötige übergeben. Am 15. April ende nunmal seine Amtszeit in Auerbachs Keller.

Bernhard Rothenberger versteht die Aufregung. "Die jetzige Situation ärgert mich auch und sie schadet uns natürlich", gesteht er. Seit kurzem sitzt er in einem Büro in der Mädlerpassage, "doch ich bin überhaupt nicht kommunikationsfähig, sondern gehandicapt, weil ich nur per Handy Verbindung zur Außenwelt habe." Es liege jetzt zwar nur noch an der Freischaltung einer Leitung für die HL Telekommunikations GmbH durch die Telekom, ärgert er sich über den neuerlichen Zeitverzug, doch am liebsten hätte er schon im November seine Geschäfte in Leipzig begonnen.  Interne Unstimmigkeiten, die erst noch aus der Welt sollten, ließen ihn jedoch zögern. "Nun drängt die Zeit, das sehe ich auch. Vor uns liegen mittlerweile rund 15.000 unbearbeitete Anfragen. Ich hoffe, der Flurschaden wird nicht all zu groß", so Pächter in spe. Ansonsten laufe die Übernahme zwischen Ulrich Reinhardt und ihm nämlich "vorbildlich". "Er hilft mir, wo er kann, hat mir nicht nur eine rote Nabelschnur zwecks Datenaustausch ins Büro gelegt, sondern auch bereits Personal und vertrauensvoll Know-how überlassen", lobt Rothenberger.

Den Vermieter beunruhigt die Startschwierigkeiten offenbar nicht. Er habe keine Sorge, dass Auerbachs Keller nicht erfolgreich weiterarbeite, sagt Detlef Schnell, Geschäftsführer der Mädlerpassage Leipzig Grundstück GmbH & Co. KG. "Der Betrieb der Gaststätte ist außerdem grundsätzlich Sache des neuen Pächters. Am 15. April geht Herr Reinhardt raus, am 16. April Herr Rothenberger rein. Man muss mit den Dingen leben, so wie sie jetzt sind. Auerbachs Keller ist eine Institution. Ich bin überzeugt, er wird auch in Zukunft voll sein", so Schnell.

Cornelia Lachmann

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